110-€ Steuerfreibetrag pro Mitarbeiter – was bedeutet das?
Betriebsveranstaltungen wie die Weihnachtsfeier sind für Mitarbeiter ein Highlight, doch für Arbeitgeber gilt es, einige steuerliche Regeln zu beachten. Pro Mitarbeiter und Veranstaltung sind Zuwendungen bis zu 110 € steuer- und sozialversicherungsfrei – dieser Betrag ist ein Freibetrag (kein „Alles-oder-nichts“-Freigrenze). Das heißt, bis 110 € je Arbeitnehmer entsteht kein lohnsteuer- oder sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn. Dieser Freibetrag kann maximal für zwei Betriebsfeiern im Jahr in Anspruch genommen werden (z. B. Sommerfest und Weihnachtsfeier); ab der dritten Veranstaltung im Kalenderjahr entfällt die Steuerfreiheit für diese zusätzliche Feier. Dabei kann der Arbeitgeber frei wählen, welche die dritte Veranstaltung ohne Berücksichtigung eines Freibetrages ist.
Übliche Kosten einer Weihnachtsfeier – etwa Essen und Getränke, Raummiete, Musik/Unterhaltung oder kleine Geschenke – werden für die Berechnung auf alle teilnehmenden Arbeitnehmer umgelegt. Überschreiten die Kosten den Freibetrag von 110 € pro Person, ist nur der übersteigende Betrag als geldwerter Vorteil steuerpflichtig. Die ersten 110 € bleiben in jedem Fall steuerfrei, auch wenn die Gesamtkosten höher liegen. Dadurch müssen nicht bei geringfügigem Überschreiten sofort alle Zuwendungen versteuert werden, sondern nur der Mehrbetrag oberhalb der 110-€-Grenze.
Pauschalversteuerung bei Überschreiten des Freibetrags
Wenn der Freibetrag überschritten wird, hat der Arbeitgeber zwei Optionen: Entweder er rechnet den übersteigenden Betrag als normalen Arbeitslohn ab (dann müssten Mitarbeiter darauf Lohnsteuer zahlen), oder er übernimmt die Steuerlast selbst durch eine Pauschalversteuerung von 25 % gemäß § 40 Abs. 2 EStG. In der Praxis wählen Arbeitgeber meist die Pauschalversteuerung. Dabei zahlt der Arbeitgeber für den steuerpflichtigen Teil (also den Betrag über 110 € pro Person) pauschal 25 % Lohnsteuer zusätzlich – die Mitarbeiter bleiben somit von individueller Besteuerung verschont.
Vorteil der Pauschalsteuer: Der pauschal versteuerte Betrag zählt dann nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Mit anderen Worten: Auf diese Zuwendung fallen keine Sozialabgaben an, solange die Pauschalsteuer ordnungsgemäß abgeführt wurde. Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern so eine schönere Feier bieten, ohne dass diese einen geldwerten Vorteil in ihrer eigenen Lohnabrechnung versteuern oder Sozialversicherungsbeiträge dafür entrichten müssen.
Sozialversicherungsfreiheit nur bei fristgerechter Meldung
Wichtig ist jedoch, dass die Pauschalversteuerung rechtzeitig vorgenommen und gemeldet wird. Die pauschale Lohnsteuer auf den über 110 € liegenden Betrag muss spätestens bis zum 28. Februar des Folgejahres im Rahmen der Lohnsteuer-Anmeldung abgeführt werden, damit der Vorteil sozialversicherungsfrei bleibt. Praktisch bedeutet dies: Findet die Weihnachtsfeier 2024 im Dezember statt, muss die Meldung und Zahlung der Pauschalsteuer dafür spätestens bis zum 28. Februar 2025 erfolgen, damit keine Sozialabgaben anfallen. Diese Frist orientiert sich daran, dass bis Ende Februar des Folgejahres die Erstellung der Lohnsteuerbescheinigungen für das Vorjahr abgeschlossen sein muss.
Hält der Arbeitgeber diese Frist ein, bleibt der gesamte geldwerte Vorteil der Feier sozialversicherungsfrei. Versäumt er jedoch die fristgerechte Anmeldung, tritt eine wichtige Rechtsfolge ein: Der pauschal versteuerte Vorteil wird rückwirkend sozialversicherungspflichtig. Mit anderen Worten, die bisher als beitragsfrei betrachteten Zuwendungen unterliegen dann nachträglich der Sozialversicherungspflicht – ein Effekt, der viele überraschen kann.
Konsequenzen einer Fristversäumnis
Die Folgen einer zu spät abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldung für die Weihnachtsfeier können erheblich sein. Wird die 28.-Februar-Frist verpasst, fordert die Sozialversicherung für den über 110 € liegenden Teil der Zuwendungen im Nachhinein Beiträge ein. Das kann je nach Teilnehmerzahl und Höhe der Kosten teuer werden. Beispiel: Ein Unternehmen veranstaltete im September 2015 ein Firmenjubiläum und entrichtete die Pauschalsteuer auf die Kosten (rund 163.000 € für über 160 Mitarbeiter) erst Ende März 2016. Die Rentenversicherung wertete die verspätet versteuerten Zuwendungen als normalen Arbeitslohn und verlangte nachträglich rund 60.000 € an Sozialversicherungsbeiträgen. Auch das Bundessozialgericht bestätigte in diesem Fall, dass eine verspätete Pauschalversteuerung zur Beitragspflicht führt.
Für den Arbeitgeber bedeutet ein Fristversäumnis also doppelte Kosten: Zusätzlich zur nachträglich gezahlten Pauschalsteuer müssen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nachgezahlt werden. In der Praxis bleibt der Arbeitgeber oft auch auf dem Arbeitnehmeranteil sitzen, da eine rückwirkende Einforderung vom Mitarbeiter schwierig und im Zweifelsfall unzulässig sein kann. Neben den finanziellen Belastungen drohen auch bürokratischer Aufwand und ggf. Säumniszuschläge oder Zinsen auf die verspäteten Beiträge. Eine nachträgliche Korrektur oder “Heilung” der Verspätung ist nicht möglich – selbst wenn das Finanzamt die Pauschalversteuerung noch akzeptiert, bleibt für die Sozialversicherung der verspätet versteuerte Betrag beitragspflichtig.
Praktische Tipps für Arbeitgeber zur Vermeidung von Nachzahlungen
Um unnötige Nachzahlungen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber frühzeitig planen und handeln. Folgende praktische Hinweise helfen dabei, die Sozialversicherungsfreiheit der Weihnachtsfeier zu sichern:
Kosten im Blick behalten: Planen Sie das Budget der Feier so, dass pro Mitarbeiter möglichst nicht mehr als 110 € anfallen. Wenn Sie diesen Betrag einhalten, ersparen Sie sich von vornherein steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Komplikationen. Liegt eine Überschreitung nahe, kalkulieren Sie bewusst ein, welche Summe darüber pauschal zu versteuern wäre, und ob Ihnen dieser Mehraufwand die großzügigere Feier wert ist.
Belege zeitnah sammeln und einreichen: Sorgen Sie dafür, dass alle Rechnungen und Belege der Weihnachtsfeier unmittelbar nach der Veranstaltung vollständig vorliegen. Reichen Sie diese umgehend an Ihre Lohnbuchhaltung oder Ihren Steuerberater weiter. So bleibt genug Zeit, den pauschal zu versteuernden Betrag zu ermitteln und die Lohnsteuer-Anmeldung fristgerecht (spätestens bis 28. Februar) abzugeben.
Frist 28. Februar im Kalender markieren: Notieren Sie sich die Deadline 28. Februar des Folgejahres fest im Unternehmenskalender. Falls die Dezember-Lohnabrechnung bereits erfolgt ist, kann im Januar oder spätestens Februar noch eine Korrektur bzw. Nachmeldung der Pauschalsteuer vorgenommen werden – aber nur bis zum Stichtag 28. 02. Stellen Sie sicher, dass verantwortliche Mitarbeiter über diese Frist informiert sind.
Kommunikation mit Lohndirekt: Weihen Sie uns frühzeitig in die Planungen der Weihnachtsfeier ein, insbesondere wenn absehbar ist, dass der Freibetrag überschritten wird.
Dokumentation und Nachweise aufbewahren: Führen Sie Teilnehmerlisten der Veranstaltung und bewahren Sie alle Kostenbelege sorgfältig auf. Falls es doch einmal zu Nachfragen durch das Finanzamt oder die Sozialversicherungsprüfung kommt, können Sie so nachweisen, wie viele Arbeitnehmer teilgenommen haben und wie sich die Kosten pro Kopf errechnet haben.