Geben Arbeitgeber ihren Mitarbeiten vor, auffällige Dienstkleidung zu tragen, ist die Umkleidezeit als bezahlte Arbeitszeit zu vergüten – so das BAG in einem aktuellen Urteil.
Es ist immer wieder Aufgabe der Gerichte, dass sie darüber entscheiden müssen, ob die Zeiten für das Umziehen oder der Weg zwischen den Umkleideräumen zum Arbeitsplatz als Arbeitszeit gelten, die vom Arbeitgeber zu vergüten ist. In dem aktuellen Fall entschied das BAG zugunsten der Arbeitnehmerin, dass in ihrem Fall die Umkleidezeit zu vergüten ist. Als ausschlaggebender Punkt gab das BAG ihre – vom Arbeitgeber vorgegebene – auffällige Arbeitskleidung an: ein T-Shirt mit dem Unternehmenslogo und Sicherheitsschuhe.
Wann gilt die Umkleidezeit als Arbeitszeit?
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehört die Umkleidezeit dann zur Arbeitszeit, wenn die Arbeitnehmer dazu verpflichtet sind, Arbeitskleidung zu tragen und diese im Betrieb erst angezogen werden darf, beispielsweise aus Gründen der Hygiene. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber die Umkleidezeit der Mitarbeiter auch bezahlen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitskleidung außerhalb des Unternehmens nicht tragen möchte.
Eine weitere Entscheidung des BAG ist, dass das Anlegen und Ablegen von besonders auffälliger Dienstkleidung eine vergütungspflichtige Zeit darstellt, da der Arbeitnehmer keinerlei Interesse daran hat, seine Tätigkeit nach außen hin außerhalb der Arbeitszeit offen darzustellen.
Der Arbeitgeber darf grundsätzlich seinen Arbeitnehmern einseitig vorschreiben, dass sie im Unternehmen und während der Arbeitszeit die Arbeitskleidung tragen müssen. Das Tragen der Arbeitskleidung ist bei begründetem Interesse ein Teil des Direktionsrechts.
Ob das Umkleiden ein fremdes und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis darstellt, ist im Einzelfall zu klären. In dem konkreten Fall musste die Arbeitnehmerin die Arbeitskleidung ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers tragen. Und genau darauf stellt die Rechtsprechung auch ab: es muss differenziert werden, ob die Arbeitskleidung während der Arbeitszeit auf Weisung des Arbeitgebers getragen werden muss und dass eine private Nutzung der Kleidung ausgeschlossen werden kann. Ist dies der Fall, handelt es sich um eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit des Arbeitnehmers und stellt somit Arbeitszeit dar.
Selbst wenn das vom Arbeitgeber angeordnete Umziehen regelmäßig als Arbeitszeit zählt, bleibt allerdings die Frage der Vergütung. Das Bundesarbeitsgericht sieht hierbei keinen Automatismus, da nach § 611 Abs. 1 BGB sich die Vergütungspflicht des Arbeitgebers alleine an die „Leistung der versprochenen Dienste“ bezieht. Und damit ist die Vergütungspflicht unabhängig von der Einordnung im arbeitszeitrechtlichen Sinne, in der der Arbeitnehmer die dem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung erbringt. Das heißt, dass eine bestimmte Zeitspanne, die als Arbeitszeit eingestuft wird, zwangsläufig zu einer Vergütungspflicht durch den Arbeitgeber führt (BAG-Urteil vom 19.09.2012, Az. 5 AZR 678/11).
Die Vergütung der Umkleidezeit
Gemäß § 611 Abs. 1 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit als Leistung des „versprochenen Dienstes“, sondern jede sonstige, vom Arbeitgeber verlangte Tätigkeit, welche mit der eigentlichen Tätigkeit in direktem Zusammenhang steht. Das heißt, hierzu zählen alle Dienste, die vom Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer aufgrund des Weisungsrechts gefordert werden. Und jede Tätigkeit, die in ihrer Art zur Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient, gilt als Leistung des versprochenen Dienstes.
In dem Urteil hat das BAG nicht nur die Zeit zum Anlegen und Ablegen der vorgeschriebenen Arbeitskleidung, sondern auch die Zeit für das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege, als Basis der Vergütungspflicht angesehen.
Generell ist die Umkleidezeit je nach Arbeitnehmer individuell festzustellen. Das heißt, die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner eigenen Leistungsfähigkeit für das Umziehen benötigt, zählt zur Arbeitszeit. Dies gilt auch für das Zurücklegen des Weges zwischen dem Umkleideraum und dem Arbeitsplatz. Kann hier ein Arbeitnehmer in seiner Beweis- oder Darlegungslast nicht nachkommen, hat das Gericht die Möglichkeit, die Umkleidezeiten und die Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen (BAG, Urteil vom 26.10.2016, 5 AZR 168/16).
Unter bestimmten Voraussetzungen kann durch einen Tarifvertrag die Pflicht zur Vergütung der Umkleidezeit ausgeschlossen werden, selbst wenn das Anlegen und Ablegen der Arbeitskleidung als vergütungspflichtige Arbeit angesehen wird (BAG, Urteil vom 25.04.2018, Az: 5 AZR 245/17).