Ist ein Arbeitnehmer, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, arbeitsunfähig, hat er einen gesetzlichen Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Dabei darf der Arbeitgeber unter Umständen die Vorerkrankungen auf die gesamte Dauer der Entgeltfortzahlung bei einer erneuten Erkrankung des Mitarbeiters anrechnen. Wann darf eine Anrechnung von Vorerkrankungen erfolgen? Wie erfolgt die Prüfung? Und was müssen Arbeitgeber in diesem Fall berücksichtigen?
Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Ist ein Arbeitnehmer erkrankt, ist der gesetzliche Anspruch auf die Entgeltfortzahlung auf maximal 6 Wochen begrenzt. Unter Umständen können Arbeits- und Tarifverträge längere Ansprüche des Arbeitnehmers vorsehen. Im Falle, dass der Arbeitnehmer wieder aufgrund der selben Krankheit arbeitsunfähig wird, darf der Arbeitgeber die Erkrankungen zusammenrechnen, allerdings nur dann, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
der Arbeitnehmer war vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit aufgrund der selben Erkrankung nicht mindestens 6 Monate arbeitsfähig oder
seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers aufgrund der selben Erkrankung ist eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen.
Anrechnung von Vorerkrankungen bei Entgeltfortzahlung
Es dürfen nur Erkrankungen derselben Krankheit angerechnet werden. Deshalb ist es zur Prüfung der Anrechnung erforderlich, die Krankheitsursache zu wissen. Allerdings sind diese Informationen dem Arbeitgeber nicht bekannt. Er hat allerdings die Möglichkeit, sich wegen der Prüfung an die Krankenkasse zu wenden, um eventuell die gesetzliche Regelung anwenden zu können. Bei der Krankmeldung des Arbeitnehmers erhalten die Krankenkassen einen Abschnitt bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, aus welchem die Diagnose entnommen wird und dadurch die Prüfung möglich ist.
Wann und wie erfolgt die Prüfung auf Vorerkrankungen?
Eine Prüfung, um Vorerkrankungen anzurechnen, wird vom Arbeitgeber im “Datenaustausch Entgeltersatzleistungen” DTA EEL bei den Krankenkassen beauftragt. Dabei übermittelt der Arbeitgeber neben den Identifikationsdaten den Zeitraum der derzeitigen Arbeitsunfähigkeit und den der zu prüfenden Vorerkrankung. Eine Prüfung auf Vorerkrankungen durch den Arbeitgeber darf nur bei Notwendigkeit erfolgen und
wenn der Arbeitnehmer bei der gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert ist,
die Summe der Krankheiten mindestens 30 Tage umfasst und
die aktuelle Krankheit und die zu prüfende Krankheit als Bescheinigung vorliegt.
Prüfung von aktueller Erkrankung und Vorerkrankung
Um den Zusammenhang der Arbeitsunfähigkeitszeiten zu prüfen, benötigt die Krankenkassen Diagnosen. Das heißt, die Prüfung kann erst dann erfolgen, wenn die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen. Unter Umständen werden fehlende Unterlagen beim behandelnden Arzt oder beim Versicherten nachgefordert. Wenn alle Nachweise vorliegen, erfolgt anhand der Diagnosen die Prüfung, in wie weit die Vorerkrankungen und die aktuelle Erkrankung auf die selbe Grunderkrankung zurückzuführen ist. Eine automatische Prüfung ist nicht möglich, da trotz gleicher Diagnosen nicht immer eine Zuordnung zu der selben Grunderkrankung erfolgen kann. Leidet der Arbeitnehmer an Depressionen, können die Erkrankungen auf ganz unterschiedliche Ereignisse zurückzuführen sein, so dass keine Anrechnung erfolgen darf. Natürlich kann es vorkommen, dass aufgrund der Diagnose der Zusammenhang zwischen vorhergehender und aktueller Erkrankung nicht durch die Krankenkasse beurteilt werden kann. In diesem Falle müssen die behandelnden Ärzte oder der Medizinische Dienst der Krankenversicherung in die Prüfung mit involviert werden.
Rückmeldung durch die Krankenkasse
Nach der abschließenden Beurteilung durch die Krankenkasse wird das Ergebnis per Datensatz an den Arbeitgeber zurückgesendet. Diesem Datensatz kann der Arbeitgeber jeder Vorerkrankung entnehmen, ob ein Nachweis zur Vorerkrankung vorliegt und wenn, für welchen Zeitraum. Zudem meldet die Krankenkasse zurück, ob der vorliegende und zu prüfende Arbeitsunfähigkeitszeitraum anrechenbar, teilweise anrechenbar oder nicht anrechenbar ist. Dies ist deshalb nötig, da bei einer wechselnden Diagnose die Arbeitsunfähigkeit durch einen durchgängigen Zeitraum nur zum Teil auf die die selbe Grunderkrankung zurückgeführt werden kann. Für diesen Fall wird der anrechenbare Zeitraum von der Krankenkasse mitgeteilt. Der Arbeitgeber kann nun mit dieser Rückmeldung die Entgeltfortzahlung entsprechend entscheiden und abschließen.
Es gibt noch einige Kinderkrankheiten
Die Hauptproblematik der Krankenkassen in Bezug auf die Prüfung der Vorerkrankungen liegt darin, dass die Versicherten nicht regelmäßig und vollständig ihre AU-Bescheinigungen der Krankenkasse zukommen lassen. Das macht eine kurzfristige Prüfung recht schwierig. Für die Krankenkasse bedeutet dies, dass sie Zeit für Rückfragen beim Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder beim behandelnden Arzt wegen der fehlenden Diagnosen oder Bescheinigungen investieren muss. Eine direkte Übersendung durch den behandelnden Arzt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die jeweilige Krankenkasse würde hier eine große Zeiteinsparung mit sich bringen. In diesem Falle wäre eine elektronische Übermittlung ideal, da allen Beteiligten eine immense bürokratische Belastung erspart werden würde.