Für 2019 sieht der Entwurf eines Gesetzes für Stabilisierung und Leistungsverbesserungen innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung die Ausweitung der Gleitzone auf bis zu 1.300 Euro vor. Das heißt, ab dem Jahr 2019 soll die Gleitzone welche bislang zwischen 450,01 Euro und 850,00 Euro lag, auf bis zu 1.300 Euro angehoben werden. In Klartext: die Gleitzone soll ab dem Jahr 2019 zum Einstiegsbereich werden und Geringverdiener zukünftig entlasten. Denn mit den Änderungen der Gleitzone sollen Arbeitnehmer erst mit einem Monatseinkommen ab 1.300 Euro volle Sozialabgaben zahlen.
In Deutschland werden die Jobs im Gleitzonenfall als Midijobs bezeichnet.
Und nicht nur der Wert ändert sich, sondern auch die Begrifflichkeit. Der Gesetzesentwurf spricht von einem sozialversicherungsrechtlichem Einstiegsbereich. Und im Zuge der Änderung der Bezeichnung sollen die Regelungen zur Rentenversicherung und der Entgeltbereich angepasst werden.
Die Gleitzone wird durch die Neuregelung mit dem neuen Begriff „Einstiegsbereich“ ersetzt werden.
Was sich für Arbeitgeber und im Bezug auf die Lohnabrechnung zukünftig ändern wird, möchten wir Ihnen in dem folgenden Beitrag erläutern.
Wissenswertes zur Gleitzone
Eingeführt wurde die Gleitzone mit der Hartz-Gesetzgebung im Jahr 2003. Zu dieser Zeit wurde der Entgeltbereich für die Arbeitnehmer in der Gleitzone von 400,01 Euro bis 800 Euro regelmäßiges Arbeitsentgelt festgelegt.
Aufgrund der Erhöhung der Minijobgrenze auf 450 Euro wurde 2013 dieser Entgeltbereich auf 450,01 bis 850 Euro erhöht. Dabei ist bei den Jobs innerhalb der Gleitzone der Arbeitnehmeranteil zu der gesetzlichen Sozialversicherung vom jeweiligen Bruttoeinkommen abhängig. Arbeitgeber zahlen einen prozentualen Festbetrag. Der Hintergrund der Gleitzonenregelung war der, dass dieser Midijob es den Arbeitnehmern einfacher machen sollte, von dem versicherungsfreien Minijob in ein reguläres, versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu kommen.
Ab 2019 soll nun dieser Entgeltbereich erweitert werden und bis zu 1.300 Euro betragen. Das heißt, ab 2019 würde sich der Gleitzonenbereich von 450,01 Euro bis 1.300 Euro erstrecken.
Für Betriebe bringt diese Änderung erhebliche Auswirkungen mit sich.
Bisher wurde die Gleitzone in etlichen Betrieben gar nicht angewendet, da sie entweder Minijobber mit einem Entgelt von bis zu 450 Euro oder mit Teilzeitbeschäftigten mit über 850 Euro Entgelt hatten. Nun wird es allerdings mit der Ausweitung des Entgeltbereichs viel mehr Arbeitnehmer sein – vor allem Teilzeitbeschäftigte – die in diesen Gleitzonenbereich fallen werden.
Die bisher bekannte Gleitzonenformel wird sich mit der Änderung für 2019 ebenfalls ändern. Allerdings soll sich die Beitragstragung im Grunde nicht ändern, das heißt, es wird zukünftig weiterhin so bleiben, dass der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung einen geringeren Beitragsanteil als der Arbeitgeber trägt.
Die Gleitzone in der Rentenversicherung
Was neu sein wird, ist die Berücksichtigung des meldepflichtigen Arbeitsentgelts innerhalb des neuen Einstiegsbereichs. Bisher wurde für Arbeitnehmer in der Gleitzone das – mittels Gleitzonenformel – errechnete reduzierte beitragspflichtige Arbeitsentgelt gemeldet. Einzige Ausnahme war, wenn ein Arbeitnehmer auf die Reduzierung des in der Rentenversicherung pflichtigen Entgelts verzichtet hat.
Nun soll ab 2019 für alle Arbeitnehmer im Einstiegsbereich das tatsächliche volle Arbeitsentgelt innerhalb der DEÜV-Meldungen an die entsprechenden Einzugsstellen gemeldet werden. Dadurch werden die Arbeitnehmer innerhalb des Einstiegsbereichs für ihre Rente höhere Entgeltpunkte erhalten.
Für die Abrechnung bedeutet dies, dass die Beiträge zur Sozialversicherung von der beitragspflichtigen reduzierten Einnahme berechnet werden müssen, allerdings die Sozialversicherungsmeldungen das volle Entgelt beinhalten müssen.
Die Berechnung der fiktiven beitragspflichtigen Einnahme
Folgende Formel ist für die Berechnung der fiktiven beitragspflichtigen Einnahme ab Januar 2019 gültig:
F * 450 + ((1300/(1300-450)) – (450/(1300-450)) * F) * (Arbeitsentgelt – 450)
*F steht für den Faktor F
Die Auswirkung des Faktor F – Vergleich alte Formel und neue Formel
Für das Jahr 2018 ist der Faktor F 0,7547. Ab 2019 würde der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz 39,75 % betragen und der Faktor bliebe bei 0,7547.
Um Ihnen eine bessere Übersicht zu verschaffen, stellen wir in der folgenden Tabelle die Berechnungen der fiktiven beitragspflichtigen Einnahmen gegenüber.
Fiktive beitragspflichtige Einnahme (Berechnung mit Faktor F 0,7547)
Arbeitsentgelt | Alte Formel | Neue Formel |
450,01 € | 339,63 € | 339,63 € |
550,00 € | 467,21 € | 452,60 € |
650,00 € | 594,81 € | 565,59 € |
750,00 € | 722,40 € | 678,57 € |
850,00 € | 850,00 € | 791,56 € |
Die Gesamtbeiträge zur Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung werden von der fiktiven beitragspflichtigen Einnahme errechnet. Nach der neuen Formel ist diese immer niedriger.
Nach der neuen Formel ergibt sich immer ein niedrigerer Wert, da die Arbeitgeberbeiträge nach dem realen Arbeitsentgelt errechnet und vom Gesamtbetrag reduziert werden.
Die Schritte zur Berechnung der neuen, geplanten Gleitzone
Die neue Formel für das Jahr 2019:F * 450 + ([1300/(1300-450)] – [450/(1300-450)] * F) * (Arbeitsentgelt – 450)
Ab 2019 wird von dieser fiktiven Einnahme die Gesamtbeiträge zur Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung unter der Anwendung des halben Beitragssatze errechnet werden. Anschließend wird der Betrag rundet und verdoppelt.
Bei kinderlosen Arbeitnehmern wird hier der Zuschlag zur Pflegeversicherung um 0,25 % gezahlt, welcher vom Arbeitnehmer alleine zu zahlen ist.
Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden ab dem 1. Januar 2019 zu gleichen Maßen auf den Arbeitgeber und den Beschäftigten getragen. Damit wird der bisherige Zusatzbeitrag paritätisch finanziert. Der Gesamtbetrag zur Krankenversicherung besteht aus dem Beitragssatz plus den individuellen Zusatzbeitragssatz. Halber Gesamtbeitragssatz wird angewendet, das Ergebnis gerundet und dieser Beitrag entsprechend verdoppelt.
Dann werden die AG-Beitragsanteile bestimmt – und zwar von dem realen Arbeitsentgelt und zwar unter der Anwendung des halben Beitragssatzes. In Sachsen beträgt der AG-Anteil zur Pflegeversicherung nur 0,775 %.
Die unter Punkt ermittelten Gesamtbeiträge werden die AG-Beitragsanteile (die aus Punkt 3 errechnet wurden) ab. Und dadurch werden die AN-Beitragsteile ermittelt.
Beispiel für die neue Gleitzonenregelung ab 2019
Abrechnungsmonat ist der Januar 2019
Das Arbeitsentgelt des Beschäftigten beträgt 600,00 Euro
Der Zusatzbeitrag zur Krankenkasse beträgt 1,1 %
Der Arbeitsort des Unternehmens ist Sachsen und
Der Arbeitnehmer hat die Elterneigenschaft
Das heißt:
Die fiktive beitragspflichtige Einnahme beträgt 509,09 Euro
Errechnung des Gesamtbeitrages anhand der Tabelle
Errechnung der Arbeitgeberanteile anhand der Tabelle
Errechnung der Arbeitnehmeranteile anhand der Tabelle
Gesamtbeitrag bei Bemessungsgrundlage 509,09 €(Schritt 2) | AG-Anteil bei Bemessungsgrundlage 600 € (Schritt 3) | AN-Anteil Gesamtbeitrag | |
Krankenversicherung (14,6 % + Zusatzbeitrag von 1,1 %) | 79,92 € | 47,10 € | 32,82€ |
AG-Anteil 7,85 % | |||
Pflegeversicherung 2,85 % | 14,50 € | 8,55 € | 5,95 € |
Rentenversicherung 18,6 % | 94,70 € | 55,80 € | 38,90 € |
Arbeitslosenvericherung 2,7 % | 13,74 € | 8,10 € | 5,64 € |
Summe | 202,86 € | 119,55 € | 83,31 € |
Ab 2019 entfällt die dritte Besonderheit. Dadurch, dass der neue Absatz 1a in den § 70 SGB VI eingefügt wird, wird sichergestellt, dass ab dem 1. Januar 2019 die geringeren Rentenversicherungsbeiträge im Einstiegsbereich durch die verminderte Beitragsbemessungsgrundlage zu keinen geringeren Ansprüchen in der Rente führen.
Für aktuelle Entwicklungen zum Thema Gleitzone / Übergangsbereich für das Jahr 2024 folgen Sie bitte diesem Beitrag.